Berufliche Schulen am Gradierwerk = Kaufmännische Schule + Wingertschule

Janina Feuerstein, Patrizia Giglio, Michael Zahrt

Am 15. März 2012 ist es endlich soweit. Im Rahmen eines kleinen Festaktes überreicht der Erste Kreisbeigeordnete Helmut Betschel-Pflügel (rechts) unserem Schulleiter Andreas Stolz die Urkunde mit dem neuen Schulnamen. Damit ist nach 10 Jahren die Fusion unserer beiden Schulen auch offiziell vollzogen.

Größtes Schulzentrum im Wetteraukreis: berufliche Bildung und regionaler Bezug

Warum heißen wir eigentlich Berufliche Schulen am Gradierwerk? Andreas Stolz führte in seiner Begrüßung aus, dass es auch andere Vorschläge gab: z. B. Kaufmännische Wingertschule, Elvis-Presley-Schule, Hildegard von Bingen-Schule. Bei der Namensgebung sollten jedoch die berufliche Bildung und der regionale Bezug im Vordergrund stehen.

Kompetenz-Zentren: Die Erfolgsgeschichte einer Idee

Helmut Betschel-Pflügel erinnerte daran, was ein hessischer Minister-präsident einmal forderte: "Wir müssen Kompetenz-Zentren schaffen."  Die Beruflichen Schulen am Gradierwerk sind eins geworden.

Für den Wetteraukreis hieß es jedoch zunächst: Aus sechs mach' drei Berufsschulen. Die Wingertschule und die Kaufmännische Schule haben nicht gewartet, bis sie zwangsverheiratet wurden, sie haben den Schulträger durch beharrliche überparteiliche Überzeugungsarbeit davon überzeugt, dass die beiden Schulen an einem gemeinsamen Standort zusammenkommen sollten.

Dies wurde in die Tat umgesetzt und so ist der Wetteraukreis mit der Johann-Philipp-Reis-Schule und den Beruflichen Schulen am Gradierwerk in der Bildungslandschaft gut aufgestellt. Die Fusion der Berufsschulen in Nidda und Büdingen steht noch aus. Die Berufs- und Technikerschule in Büdigen bleibt als eigenständige Schule erhalten. Heute heißt es also: Aus sechs mach' vier.

Es bleibt nur noch zu hoffen, dass die Kompetenzen unserer Schule, z. B. in Sachen ErzieherInnen-Ausbildung, von der Landesregierung verstärkt genutzt werden.

"Wir lassen uns aufeinander ein."

Birgit Helfrich, die derzeitige Abteilungsleiterin für die zweijährigen Berufsfachschulen, erinnerte an die vielen "Meilensteine" auf dem Weg von der Einsicht in die Notwendigkeit einer Fusion bis hin zur Realisierung: Partnersuche, Risiken und Chancen, Synergien, Konferenzen, Gremien, Information Schüler/Eltern, neues Logo, zwei Schulleitungen, Bewährtes und Neues, Schul- und Kulturausschuss, Kreistag, Raumpläne, Rundschreiben, Sitzungen, gemeinsame pädagogische Tage, Arbeitsgruppen, Bedarfszahlen, Bauausschusssitzungen, viele Ideen, Ernüchterung, Baupläne, Küchen, Schulleitungssitzungen, Leitbild, Schulentwicklung, ...

Am wichtigsten erschien ihr die Bereitschaft beider Schulen: "Wir lassen uns aufeinander ein."

Wir brauchen ein neues Schulgebäude

Andreas Stolz ging noch einmal genauer auf den Neubau in Bad Nauheim ein: Irgendwann war klar, dass die Beruflichen Schulen am Gradierwerk ein neues Schulgebäude brauchen. Aus der ursprünglichen Bausumme von 0,00 € (kein Neubau), über 4,5 Mio. € (Neubau in Bad Nauheim) wurden schließlich 10,5 Mio. €. Hinzu kamen noch die Kosten für den Innenausbau und das Außengelände. Viele Bauausschusssitzungen waren nötig, mit dem ausgefeilten Fachraumkonzept kann sich das Gesamtergebnis sehen lassen.

Der Neubau wurde in kürzester Zeit fertiggestellt:

  • 2007 September: Grundsteinlegung
  • 2008 Februar: Richtfest
  • 2009 Dezember: Innenausbau abgeschlossen
  • 2009 Dezember: Umzug Wingertschule von Friedberg nach Bad Nauheim

Der Umzug der Wingertschule nach Bad Nauheim war ein weiterer "Meilenstein", zwei Kollegien waren nun praktisch gefordert, eine gemeinsame Schule zu werden.

Kaufmännische Rationalität versus pädagogische Emotionalität

Kerstin Eisenreich, ehemalige Lehrerin der ehemaligen KBS, vertrat als Stadträtin Bürgermeister Armin Häuser. Sie hat den Fusionsprozess hautnah miterlebt, als kaufmännische Rationalität auf pädagogische Emotionalität prallten. Aus ihrer Sicht haben jedoch beide Seiten voneinander profitiert. Sie betonte, dass die Kompetenzen der Beruflichen Schulen am Gradierwerk ein hervorragendes Angebot an die Schülerinnen und Schüler der Region und darüber hinaus sind. 

Vielfalt: zusammengewachsen, was zusammengehört

Den Stundenplan für ein Kollegium von ca. 140 KollegInnen zu erstellen und zu verwalten ist eine echte Herausforderung.

Für Anne Hartmann, stellvertretende Schulleiterin der BSG, zeigt die Komplexität des Stundenplans aber auch, dass unsere Schule durch eine große Vielfalt geprägt ist, einige aktuelle Beispiele: Projektprüfungen in der BFS, Projekt der Fachschule mit Vorschulkindern, Schulformkonferenzen, Fortbildung zum Schulprogramm, Vorbereitung auf die IHK-Prüfung ...

Dies macht unsere Aufgaben einerseits schwierig, andererseits aber auch bunt und anregend: Schüler des Einzelhandels kochen mit Schülern der BFS aus dem Ernährungsbereich und fördern damit den Kontakt zu den externen Partnern, es gibt mittlerweile sogar eine 10-köpfige Lehrerband, ...

10 Jahre Fusionsprozess waren ein Vorteil: Die Vielfalt des Stundenplans drückt aus, dass zusammenwächst, was zusammengehört.

Der gelebte Alltag einer gemeinsamen Schule wird offiziell nachvollzogen

Welche Erwartungen und Ängste haben die Kollegien bei einer solchen Fusion? Dieser Frage gingen die beiden Personalratsvorsitzenden Uwe Sause (ehemals KBS) und August Wehrheim (ehemals Wingertschule) nach.

Uwe Sause führte aus, dass jede Schule ihre eigene Schulkultur hat, dies betrifft Konferenzkultur, Teamarbeit, Absprachen, Rolle der Schulleitung, Feiern, ...

Das Besondere dieser Fusion war, dass Ökonomen auf Sozialpädagogen trafen, das "Humankapital" traf auf Piaget und die Bedeutung der Kindheit. Beiden Kollegien ist es aber gelungen, die Unterschiede als Bereicherung und Chance zu begreifen.

Uwe Sause sieht den Festakt als einen Beleg, dass die Kaufmännische Schule und die Wingertschule längst ein Kollegium sind, "Action Painting" hätte es an der KBS so bestimmt nicht gegeben.

Die "Meilensteine" dieser Fusion waren aus Sicht von August Wehrheim:

  • die Wingertschule hat die Initiative ergriffen
  • die Schnittmengen mit der Kaufmännischen Schule waren am größten
  • Planungen und pädagogische Tage
  • gemeinsame Weiterbildungen
  • gemeinsame Ausflüge/Feste (Propellerfest)
  • Umzug 2009
  • ...

Das Besondere: Die Initiative kam von unten.

Schlusswort

Die Fusion hat längst stattgefunden.

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