© Nicola Veith - Pressestelle der Frankfurt University of Applied Sciences
Auf einem Fachtag an der Fachhochschule Frankfurt zogen die Beteiligten Bilanz aus den bisherigen Erfahrungen mit dem AnKE-Verfahren.
Die Fachhochschule Frankfurt am Main schafft Qualifizierungswege: ErzieherInnen können seit Sommersemester 2013 beruflich erworbene Kompetenzen auf das Bachelor-Studium der Sozialen Arbeit anrechnen lassen. Dieser neue Zugang zu einer Akademisierung eröffnet berufserfahrenen InteressentInnen Chancen auf vielfältige berufliche Einsatzmöglichkeiten in allen Bereichen der Sozialen Arbeit. Die Entwicklung des AnKE-Verfahrens (Anrechnung der Kompetenzen aus der ErzieherInnen-Ausbildung auf den Bachelor Soziale Arbeit) ist in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit über zwei Millionen Euro geförderte Projekt MainCareer – Offene Hochschule der Fachhochschule Frankfurt eingebettet.
WissenschaftlerInnen aus dem MainCareer-Projekt haben eine Befragung von 843 BerufspraktikantInnen aus 20 Fachschulen für Sozialpädagogik in Hessen zur Weiterentwicklung des AnKE-Verfahrens durchgeführt sowie Bilanz aus den bisherigen Erfahrungen gezogen. Die Ergebnisse wurden auf einer Fachtagung im April 2014 Studierenden, Lehrenden der Fachschulen für Sozialpädagogik und Angehörigen der Fachhochschule Frankfurt präsentiert.
Studierende mit der Staatlichen Anerkennung zum/zur ErzieherIn erhalten über das Verfahren auf Antrag vier Module auf das Studium Soziale Arbeit angerechnet. Im Sommersemester 2014 nehmen dies rund 180 künftige SozialarbeiterInnen in Anspruch. Das Studium der Sozialen Arbeit qualifiziert die ErzieherInnen für breite Einsatzbereiche und für die Arbeit mit allen Altersgruppen, ergänzt AnKE-Projektleiterin Prof. Dr. Margitta Kunert-Zier. Sofern die Absolventinnen und Absolventen in das Berufsfeld der Frühpädagogik zurückkehren möchten, wird ihr Weg in die Akademisierung durch die Anrechnung deutlich verkürzt. Damit leistet die Fachhochschule Frankfurt einen Beitrag für die allseits geforderte Erhöhung des Anteils akademisch qualifizierter Fachkräfte an der Bildung in Kindertageseinrichtungen.
18 % der 843 Befragten äußerten dezidiert den Wunsch, nach Abschluss der Ausbildung zu studieren. 47 % sind in dieser Frage noch unschlüssig und 33 % lehnen ein Studium ab. Die Befunde lassen bei den Studien-Entschlossenen eine äußerst hohe Bildungs- und Aufstiegsmotivation erkennen, die zielgerichtet auf einen Abschluss hinarbeiten ohne dabei die gesicherte Finanzierung des Studiums und die Familie aus dem Auge zu verlieren, fasst Kunert-Zier zusammen. Wer studieren will, dem sind beim Studium der Praxisbezug, der Erwerb von Kompetenzen und Fachwissen, die Persönlichkeitserweiterung und Problemlösefähigkeiten am wichtigsten. Bei der Studienorganisation wird die Möglichkeit der inhaltlichen Wahl der Schwerpunkte am wichtigsten erachtet, gefolgt von der Vereinbarkeit von Nebentätigkeiten und Praktika. Als gewünschter Schwerpunkt steht das Arbeitsfeld Kindheit, Jugend und Familie deutlich an der Spitze. Gründe für die Aufnahme eines Studiums der Sozialen Arbeit sind neben dem Interesse am Fach und einer umfassenden Bildung insbesondere das Erlangen einer beruflich höheren Position und ein höheres Einkommen. Von Anfang an gab es großes Interesse am AnKE-Verfahren und äußerst positive Resonanz. Die Anrechnung von Kompetenzen erleben die Erzieherinnen und Erzieher als hohe Wertschätzung und Bestätigung ihres Studieninteresses, berichtet Michael Baumeister, Abteilungsleiter der Fachschule für Sozialwesen, Berufliche Schulen Berta Jourdan in Frankfurt, über seine Praxiserfahrung mit AnKE.
Anne Vogel, Lehrerin an den Beruflichen Schulen am Gradierwerk in Bad Nauheim, bestätigt dies: AnKE ermöglicht den Absolventinnen und Absolventen einen niedrigschwelligen Zugang zum Studium, so dass die beruflichen Perspektiven um eine wichtige Facette erweitert werden. Die Motivation, nach dem Fachschulabschluss ein Studium aufzunehmen, steigt deutlich durch die damit anerkannte Wertschätzung der bereits erworbenen Kompetenzen und durch die zeitliche Verkürzung.
Ein Großteil der Gruppe der Studien-Unentschlossenen (74 %) sieht in der Anrechnung von Kompetenzen aus der Ausbildung auf das Studium einen hohen Anreiz. 24 % geben hier ein vielleicht an. Wir müssen das Anrechnungsverfahren noch intensiver an diese Gruppe herantragen, so Kunert-Zier. Anne Vogel betont, dass es bei der Entwicklung des Verfahrens nicht primär um eine möglichst hohe Zahl an anzurechnenden Credit Points ging: Die Kompetenzen der Erzieherinnen und Erzieher sollen qualitativ erkannt, anerkannt und angemessen angerechnet werden, um so eine höhere Durchlässigkeit zwischen der beruflichen Bildung und dem Fachhochschulstudium zu erreichen.
23 % der Befragten möchte dezidiert berufsbegleitend studieren, der größte Teil (46 %) ist diesbezüglich unentschlossen. Für das berufsbegleitende Studium stehen finanzielle Gründe an der Spitze, gefolgt von dem Wunsch, Praxiserfahrungen zu sammeln und den Anschluss an die Praxis nicht zu verlieren. Das berufsbegleitende Studium sollte an erster Stelle ein freies Zeitmanagement ermöglichen, an zweiter Stelle einen hohen Praxisbezug aufweisen und an dritter Stelle Praxisanteile des Studiums mit der Berufstätigkeit verknüpfen können.
Die Befragten bestätigen ein hohes Interesse an Weiterbildung (73 %), insbesondere im Krippenbereich. Für die im Rahmen von MainCareer entwickelte Weiterbildung Ein guter Start ins Leben – bildungsorientierte Arbeit mit Kindern unter 3 wird damit eine neue Zielgruppe sichtbar. Bislang war geplant, die Weiterbildung vorrangig an Berufserfahrene zu richten. Wir werben nun auch um die Absolventinnen und Absolventen der Fachschulen für Sozialpädagogik, sofern sie in einer Kita tätig sind, so Kunert-Zier. Die berufsbegleitende Weiterbildung beginnt im September 2014. Anmeldeschluss ist der 15. Juli 2014.
Das AnKE-Verfahren wurde in Kooperation mit zehn hessischen Fachschulen für Sozialpädagogik entwickelt. Dazu glichen VertreterInnen der Fachhochschule Frankfurt, der Fachschulen, eines öffentlichen sowie eines freien Trägers der Jugendhilfe die Lehrpläne der Fachschulen mit dem Modulhandbuch des Bachelor-Studiengangs auf ihre Anrechnungsfähigkeit ab. Seit Wintersemester 2010/11 erprobten die ersten Studierenden das Verfahren.
Der Fokus von MainCareer liegt auf der Entwicklung und Erprobung von Konzepten, die einen Beitrag zur Durchlässigkeit zwischen Berufspraxis und Studium der Informatik, Pflege und Sozialen Arbeit leisten. Grundgedanke ist die Gestaltung von Bildungsbrücken in das Hochschulsystem, der gezielte Auf- und Ausbau akademischer Weiterbildungsangebote, deren Verzahnung mit Studiengängen sowie der systematische Ausbau bestehender Praxiskontakte. Dafür werden qualitätsgesicherte Anrechnungsverfahren für außerhochschulisch erworbene Kompetenzen entwickelt.